Menschen aller Altersstufen mit den verschiedensten Behinderungen an einem Tisch – das gibt es (fast) nur beim großen Schachturnier, das die Münchener Schachstiftung in Kooperation mit der Stiftung Pfennigparade seit inzwischen acht Jahren veranstaltet. Neu in diesem Jahr: Ein Schachspieler, der selbst gehörlos ist, aber das Lippenlesen und die Gebärdensprache beherrscht, stand den Schiedsrichtern und gehörlosen SchachspielerInnen zur Seite.
Rollstuhlfahrer und Menschen mit Gehbehinderungen, Schlaganfall-Patienten, Menschen mit Muskelschwäche und Spastik-Betroffene an der Stiftung Pfennigparade treffen sich seit knapp zehn Jahren jede Woche zum Schachspielen. Angeleitet und betreut werden sie dabei von Schachtrainern der Münchener Schachakademie.
Menschen mit Behinderungen unterstützen sich gegenseitig
Erstmals haben dieses Jahr auch vier SchachspielerInnen, die an dem Pfennigparaden-Standort in Unterschleißheim betreut werden, am Turnier teilgenommen. Der gehörlose Klaus Jacobi, der dank Medizintechnik ein gewisses Hörvermögen besitzt, hat „seine“ SchachspielerInnen mit Rat und Tat beim Turnier betreut: Immer wenn es bei einer Partie eines Gehörlosen Situationen gab, bei denen ein Schiedsrichter gefragt war, unterbrach er seine Partie und half als Gebärdendolmetscher mit, das Problem zu lösen. Das Know-how dafür hat Klaus Jacobi: Seit rund zwei Jahren engagiert er sich als Schachtrainer in einer Gruppe von Angehörigen der Pfennigparade in Unterschleißheim, an der zahlreiche gehörlose SchachspielerInnen teilnehmen. „Das Schachturnier an der Pfennigparade war ein schönes Erlebnis, nächstes Jahr bin ich ganz sicher wieder dabei!“ resümiert er sichtlich zufrieden.
Dass sich Menschen mit Behinderungen der Pfennigparade für Menschen mit Behinderungen engagieren, hat beim Schach an der Stiftung Pfennigparade Tradition: Für das jährliche Schachturnier gibt es seit vielen Jahren ein Komitee, das die Organisation durchführt. Dies besteht aus Werner Schwarz, Alexander Bassarini und Roman Hanig auf Seiten der Stiftung Pfennigparade sowie Dijana Dengler auf Seiten der Münchener Schachstiftung.
Unterstützt wurde die Münchener Schachstiftung beim Turnier von zahlreichen Helfern und prominenten Schachspielern, die sich ehrenamtlich für dieses Projekt engagieren: Schachgroßmeister und Kolumnist Dr. Helmut Pfleger stellte selbst einige Preise zur Verfügung und überreichte bei der Siegerehrung die Pokale an die Damen. Schachgroßmeister Stefan Kindermann gratulierte den jugendlichen Preisträgern. Der Internationale Meister Thomas Reich half einem Rollstuhlfahrer beim Ausführen der Züge. Bundesturnierdirektor Ralph Alt erwies der Veranstaltung wiederholt seine Ehre. Peter Dengler und Markus Allgeier von der Firma Thomson Reuters verbrachten traditionell einen „Volunteer Day“ beim Pfennigparaden-Turnier. Nicht zu vergessen die Trainer der Münchener Schachakademie um Felix Brychcy und Florian Feller, sowie die zahlreichen Helfer der Stiftung Pfennigparade, die an diesem Tag für das Turnier zur Verfügung standen.
Ein besonderer Dank gilt auch der Firma Chessbase, die wieder 15 Jahresmitgliedschaften auf dem Fritz-Server spendete, die bei den Teilnehmern heiß begehrt sind!
Inklusion mit Schach
Gefördert wird das Schachprojekt je zur Hälfte von der Stiftung Pfennigparade, sowie Roman Krulich, dem Gründer der Münchener Schachstiftung. Der neue Vorstandsvorsitzende der Stiftung Pfennigparade, Ernst-Albrecht von Moreau, war bei der Siegerehrung beeindruckt und überreichte den Turniersiegern die Pokale. Roman Krulich, der in München ein alteingesessenes Immobilienunternehmen in zweiter Generation leitet, hat dieses Jahr seinen Geschäftspartner Moritz Opfergeld als Förderer für das Pfennigparaden-Schachturnier mit ins Boot genommen. Ihre gemeinsame Firma, die Munich Residential GmbH, unterstützt das Engagement der Münchener Schachstiftung mit 8.000 Euro: „Inklusion fängt für uns beim Bauen an – keine Schwellen, keine Hürden für Menschen mit Gehbehinderungen und Rollstuhlfahrer. Doch dabei soll es nicht bleiben: Gerne teilen wir unser Hobby, das Schachspielen, mit den Menschen mit Behinderungen der Stiftung Pfennigparade: Beim Schach spielen Behinderungen keine Rolle, Menschen mit Körperbehinderungen können ebenso Schach spielen wie Menschen ohne Behinderungen!“
In sieben Runden zum Turniererfolg
Das Pfennigparaden-Schachturnier ist der Höhepunkt des Schach-Jahres an der Stiftung Pfennigparade: Wie jedes Jahr nahmen auch dieses Mal rund 50 Schachspieler und Schachspielerinnen teil – Pfennigparaden-Bewohner, -Werkstattbeschäftigte sowie Schüler und Schülerinnen der Barlach-Schulen, die mit der Stiftung Pfennigparade assoziiert sind. Das Turnier wird nach internationalen Standards in sieben Runden ausgetragen – eine Herausforderung, der sich die Teilnehmer gerne stellen. Die Anstrengung lohnt sich: Wie jedes Jahr gab es auch dieses Mal für jeden Teilnehmer nicht nur eine Urkunde und ein Schach-Geschenk; die besten Schachspieler und Schachspielerinnen wurden bei der feierlichen Preisverleihung mit einem Pokal geehrt!